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Psychologisches Institut Andromind

Männlichkeit und Erektile Dysfunktion

Precarious Manhood Beliefs are Positively Associated With Erectile Dysfunction in Cisgender Men

Auf einen Blick

Die kürzlich als Preprint veröffentlichte Studie ist weltweit die erste, die einen positiven Zusammenhang zwischen «Precarious Manhood Beliefs» (PMB; DE: «prekäre Männlichkeitsvorstellungen») und Erektiler Dysfunktion (ED) nachweist. Es konnte dabei gezeigt werden, dass nicht traditionelle Männlichkeitsideologien (TMI), sondern die Unsicherheit der Männlichkeit, nämlich PMB, mit sexueller Dysfunktion bei Männern verbunden ist. Da alle Analysen für Variablen kontrolliert wurden, von denen bekannt ist, dass sie mit ED bei Männern assoziiert sind (soziodemografische Variablen, soziale Erwünschtheit, Selbststigmatisierung und TMI) konnten wir zeigen, dass ein stärkerer PMB durchgängig mit einer schlechteren sexuellen Funktion bei Männern assoziiert war, trotz Berücksichtigung der relevanten Kovariablen und Korrektur für multiples Testen. Diese Resultate unterstreichen die Notwendigkeit, PMB in die Ätiologie und Behandlung von ED einzubeziehen.

Hintergrund

PMB beinhaltet die Vorstellung, dass der Männlichkeitsstauts hart zu erarbeiten, einfach zu verlieren und in der Öffentlichkeit gezeigt werden muss. Da PMB ein neues Konzept ist, war bisher unklar, ob und wie PMB mit ED einhergeht bei cisgender Männern. Die Fähigkeit, eine Erektion zu haben wird oft als Grundstein der Männlichkeit erachtet, weshalb sexuelle Performanz ein Beweis für Maskulinität darstellen kann. ED können in diesem Sinne als sexuelles Versagen und Bedrohung der Männlichkeit fungieren.

Methoden

In einer anonymen Onlinebefragung (AST), welche in deutschsprachigen Ländern durchgeführt wurde, wurden 507 cisgender Männer unter anderem zu PMB, sexueller Funktionsfähigkeit, Selbst-Stigma, sozialer Erwünschtheit und Konformität mit TMI befragt. Mittels multiplen Regressionsanalysen und schrittweiser Einführung von relevanten Kovariaten wurden die potentiellen Assoziationen zwischen PMB und ED aufgeklärt.

Resultate Deskriptiv (Auswahl)

Ein Anteil von 43% der Männer berichtete, im letzten Monat keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Etwa ein Fünftel der Männer hat im Vorfeld Medikamente gegen ED eingenommen. Der Grossteil der Männer wies klinisch relevante Anzeichen von ED auf (63.1%). Jene Männer, welche den Cutoff für ED erreichten, waren verglichen Männern, die den Cutoff nicht erreichten…

  • …älter
  • …weniger oft in intimen Beziehungen
  • …in einem schlechteren generellen Gesundheitszustand
  • …öfter mit einer psychischen Störung diagnostiziert
  • …weniger sexuell aktiv (Geschlechtsverkehr)

Zudem wiesen jene Männer tiefere Werte in den Subskalen «erektile Funktion» und «sexuelles Verlangen» auf, wobei sie höhere PMB-Werte als Männer ohne ED aufwiesen (dieser Unterschied war jedoch nicht signifikant nach Korrektur für multiples Testen).

Resultate: Korrelationen

Höhere PMB-Werte waren verbunden mit...

  • ...tieferer sexuellen und erektilen Funktion
  • ...erhöhtem Selbststigma
  • ...reduzierter sozialer Erwünschtheit
  • ...stärkerer Konformität mit TMI

Keine Assoziation ergab sich zwischen PMB und sexuellem Verlangen. Sexuelle und erektile Funktion war nicht assoziiert mit Selbststigma, sozialer Erwünschtheit oder Konformität mit TMI. Eine starke Befürwortung von TMI ging jedoch einher mit erhöhtem Selbst-Stigma und reduzierter sozialer Erwünschtheit. Ein hohes Selbst-Stigma korrelierte mit einer reduzierten sozialen Erwünschtheit.

Resultate: Multilineare Regressionsanalysen

Die linearen Regressionsanalysen zeigten, dass hohe PMB-Werte assoziiert waren mit reduzierter sexueller Funktion und reduzierter erektiler Funktion (selbst nach Kontrolle für verschiedene Kovariaten und Korrektur für multiples Testen). Diese Assoziationen blieben auch bestehen, wenn Selbst-Stigma als zusätzlicher Prädiktor aufgenommen wurde. Dieser Effekt konnte jedoch der Korrektur für multiples Testen nicht standhalten.

Starkes Selbst-Stigma war nur in jenem Modell mit reduzierter sexueller Funktion verbunden, in welchem für soziodemographische Kovariaten und soziale Erwünschtheit kontrolliert wurde. Dieser Effekt verschwand nach dem Anwenden der Holm-Bonferroni-Korrektur.

Starkes Selbst-Stigma war im Weiteren mit reduzierter erektiler Funktion assoziiert, wenn Kovariaten in das Modell eingeschlossen wurden. Auch dieser Effekt blieb bei Korrektur für multiples Testen nicht bestehen.

Weder PMB noch Selbst-Stigma war assoziiert mit sexuellem Verlangen.

Modellvergleiche ergaben, dass nur soziodemografische Kovariaten in der Lage zu sein schienen, nebst PMB und Selbststigmatisierung zusätzliche Varianz in der sexuellen Funktion von Männern und der Erektionsfähigkeit von Männern zu erklären. Die Hinzufügung von sozialer Erwünschtheit und Konformität mit TMI als Kovariaten verbesserte die Modellpassung nicht.

Quelle

Walther, A., & Eggenberger, L. (2022, August 16). Precarious Manhood Beliefs are Positively Associated With Erectile Dysfunction in Cisgender Men. 10.31234/osf.io/rm4qx