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Männer nehmen weniger oft psychiatrische und psychotherapeutische Dienstleistungen in Anspruch als Frauen. Ein Grund dafür ist, dass Männer (bei einer Depression oder Angststörung) eher externalisierende, männertypische Symptome zeigen. Diese nicht-prototypische Symptompräsentation kann erklärt werden durch die traditionelle, männertypische Sozialisation und die daraus resultierende AtTMRN. Obwohl das Forschungsinteresse an geschlechtsspezifischen Unterschieden wuchs, wurde in bisherigen Studien der tatsächliche Psychotherapiegebrauch bei Männern und Frauen wenig betrachtet. Daher untersuchte die vorliegende Studie prototypische und externalisierende Depressions- und Angstsymptome, Geschlechtsrollenidentität, AtTMRN und deren Interaktionen als Prädiktoren für die Inanspruchnahme von Psychotherapie bei Männern und Frauen, welche sich als psychisch gestresst bezeichneten.
In der anonymen Online-Studie zu Geschlechterrollen und Psychotherapienutzung (DAP-MD) wurden 716 Teilnehmer (männlich: N = 267; 37%) untersucht, die angaben, derzeit unter psychischem Stress zu leiden. Es wurden Informationen über die Inanspruchnahme von Psychotherapie, Depressionen (PHQ-9, MDRS-22), Angstsymptome (GAD-7), Geschlechterrollenidentität (BSRI) und traditionelle männliche Rollennormen (MRNS) erhoben.
66 Männer (24.7%), und 156 Frauen (34.7%) berichteten, derzeit in Psychotherapie zu sein. Männer hatten verglichen zu Frauen eine 29% tiefere Wahrscheinlichkeit, Psychotherapie in Anspruch zu nehmen (in der Abbildung nicht ersichtlich).
Mittels einer binären logistischen Regression wurden potentielle Prädiktoren der Inanspruchnahme der Psychotherapie untersucht. Dabei zeigte sich bei den Männern, dass die Wahrscheinlichkeit, Psychotherapie in Anspruch zu nehmen assoziiert ist mit einer höheren Anzahl externalisierender Depressionssymptome, einer tieferen Anzahl von Angstsymptomen und einer höheren Identifikation mit der männlichen Geschlechtsidentität. Bei den Frauen war lediglich ein tieferes Level von Angstsymptomen mit der Wahrscheinlichkeit, eine Psychotherapie zu beanspruchen, zusammenhängend (Fig. 4).
Betrachtet man die Ergebnisse der Interaktionsanalysen bei Männern, so findet man eine konsistente Interaktion zwischen AtTMRN und psychischen Symptomen in Bezug auf die Inanspruchnahme von Psychotherapie: Männer mit hoher AtTMRN machten nur von Psychotherapie gebrauch, wenn sie viele psychische Symptome verspürten, während es bei Männern mit tiefer AtTMRN bezogen auf die Inanspruchnahme von Psychotherapie keinen Unterschied machte, wie viele psychische Symptome sie verspürten (Fig. 5).
Eggenberger, L.; Fordschmid, C.; Ludwig, C.;Weber, S.; Grub, J.; Komlenac, N.;Walther, A. (2021) Men’s Psychotherapy Use, Male Role Norms, and Male-Typical Depression Symptoms: Examining 716 Men and Women Experiencing Psychological Distress. Behav. Sci., 11, 83. https://doi.org/10.3390/bs11060083