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Projektleitung:
Prof. Dr. U. Ehlert, Prof. Dr. M. Heinrichs
Projektmitarbeiter:
Sommer, I.
Forschungsförderung:
Stiftung der Schweizerischen Rettungsflugwacht
Projektlaufzeit:
1999
Forschungsdatenbank:
Forschungsdatenbank der Universität Zürich
Die Definition der
Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) schliesst im DSM-IV sowohl
Opfer als auch Zeugen mit ein. Der Fokus der Aufmerksamkeit wird jedoch
sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Fachliteratur auf die
Opfer gerichtet. Professionelle Retter wurden in diesem Zusammenhang
bis anhin nahezu ignoriert. Ethische und ökonomische Überlegungen
fordern aber Schutzmassnahmen für diese Berufsgruppen, doch ist über
die psychologischen und psychobiologischen Mechanismen der Ätiologie
der PTBS bisher vergleichsweise wenig bekannt.
Bisher bekannte
Risikofaktoren für posttraumatische Prozesse sind das weibliche
Geschlecht, frühere Traumatisierungen, Persönlichkeitseigenschaften
und frühere psychische Erkrankungen. Obwohl bekannt ist, dass Stress am
Arbeitsplatz an der Entwicklung von Burnout und Depressionen beteiligt
sein kann, ist noch kaum erforscht, in welchem Ausmass erlebter Stress
am Arbeitsplatz die Entwicklung einer PTBS beeinflusst.
Allen
Mitarbeitern der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega, die direkt am
Einsatzgeschehen beteiligt sind (Ärzte, Rettungssanitäter,
Krankenschwestern, Helikopterpiloten und Mitarbeiter der
Einsatzzentrale; 1999: N = 142) wurde ein umfangreicher Fragebogen zur
Selbsteinschätzung von Stressquellen in verschiedenen Lebensbereichen
(Privates, Beziehungen, Arbeit), von Ressourcen in den Bereichen
Verhalten, Persönlichkeit, soziale Unterstützung und Arbeitsbedingungen
sowie von der Anpassung auf der psychischen Ebene. Zur Erfassung der
Anpassung resp. der Stressreaktion auf der physiologischen Ebene wurden
Tagesprofile von Cortisol und a-Amylase erhoben und die Reagibilität
der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse mittels low-dose
Dexamethason-Suppressionstest bestimmt. Der Rücklauf betrug 33.8%.
Wie bereits in ähnlichem Mass bei Bergführern festgestellt (Sommer
& Ehlert, 2003), zeigte sich bei den Einsatzkräften der Rega eine
hohe Prävalenz potentiell traumatischer Ereignisse (81%). Darunter
befinden sich sowohl belastende Einsatzsituationen als auch
nicht-einsatzbezogene Ereignisse, wie z.B. das Erleben von Gewalt oder
Missbrauch. Die Prävalenz der tatsächlichen Traumata, also jener
Situationen, die das Stressorkriterium (Kriterium A) des DSM-IV
erfüllen beträgt 48%. Die Prävalenz der PTBS liegt mit 6.3% deutlich
tiefer als bei vergleichbaren Berufsgruppen (Wagner, Heinrichs &
Ehlert, 1998). Die häufigsten Quellen für chronischen Stress stellen
die hohe Qualifikationsanforderung resp. Verantwortung bei der Arbeit,
Lärm, Schichtarbeitszeiten und Leistungsdruck dar. Regelmässige
sportliche Aktivität, der Verzicht auf die Verwendung psychoaktiver
Substanzen zur akuten Stressbewältigung, geringe Besorgnisneigung, hohe
Selbstwirksamkeit und Kontrollüberzeugung, ein ausgeprägtes
Kohärenzgefühl sowie starke soziale Unterstützung in Arbeitsbelangen
stellen die wichtigsten Ressourcen der Rega-Einsatzkräfte dar. Die
Anpassung zeigt sich in der tiefen PTSD-Prävalenz, im Fehlen von
psychischen Belastungsmerkmalen und in hohen Werten in Skalen zur
Erfassung von Lebenszufriedenheit und emotionalem Wohlbefinden.
Cortisol-Tagesprofile die dem erwarteten Verlauf entsprechen und eine
deutliche Cortisolsuppression am Tag nach der Einnahme von 0.5 mg
Dexamethason bestätigen die subjektiven Befunde auf der psychischen
Ebene.
Ausgewählte Publikationen