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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Sexuelles Risikoverhalten in Anbetracht des Todes

von stud. phil. Hannah Steinbach

«Männer sind risikofreudiger als Frauen.» – «Männer haben im Leben mehr Sex und mehr Sexualpartner als Frauen.» – «Wenn ich daran denke, dass ich sowieso einmal sterben werde, gehe ich eher ein Risiko ein.» Diese Aussagen sind in der Gesellschaft bekannt und weit verbreitet. Mit dem Zusammenhang zwischen den drei Annahmen haben sich nun amerikanische und niederländische ForscherInnen beschäftigt. S. R. Lam und KollegInnen haben herausgefunden, dass sich Männer, nachdem sie sich Gedanken über ihren eigenen Tod gemacht haben, sexuell viel risikofreudiger geben als Frauen.

Es wurden drei Untersuchungen an insgesamt 260 Studierenden aus den USA und den Niederlanden durchgeführt. Alle drei Versuchsgruppen hatten gemeinsam, dass sie einen kurzen Text über die Empfindungen schreiben sollten, wenn sie an ihren eigenen Tod dachten, und daraufhin mit Hilfe eines Fragebogens nach ihrer Bereitschaft zu sexuellem Risikoverhalten gefragt wurde. Z.B. ob sie beim Sex mit einer ihnen nicht sehr bekannten Person auf Verhütung verzichten würden. In der zweiten Studie sollten die Teilnehmenden zusätzlich angeben, wie viele PartnerInnen sie sich in Zukunft noch wünschten und wie hoch ihr Bedürfnis nach Intimität sei. Nach der dritten Befragung konnten sie zwischen einem Stift und drei Kondome als Geschenk wählen.

Männer ersehnten deutlich mehr Partnerinnen in der Zukunft, würden schneller auf die Verhütung verzichten und wählten nach dem Experiment eher einen Stift als drei Kondome. Bei Frauen löste das Bewusstmachen des eigenen Todes eher ein Bedürfnis nach Vertrautheit und Intimität aus, was im Gegensatz zur sexuellen Risikofreude steht.

Dieses Ergebnis lässt sich durch die Terror-Management-Theorie von Greenberg und Kollegen erklären. Diese Theorie besagt, dass das Bewusstwerden der eigenen Sterblichkeit eine schreckliche Angst auslöst, die auf der einen Seite durch die kulturelle Weltanschauung und auf der anderen Seite durch den eigenen Selbstwert bewältigt wird. In der eigenen Weltsicht geben soziale Normen ein Gefühl von Sicherheit und der Selbstwert stärkt das Gefühl eine Bedeutung in der Welt zu haben.

In unserer Gesellschaft steht das Männliche nach wie vor für Mut und Unabhängigkeit, während das Weibliche mit Nähe und dem Wunsch nach vertrauten Beziehungen in Zusammenhang gebracht wird. Riskantes Verhalten wird daher eher als Wert des männlichen Geschlechts gesehen und ist für diese wichtig für die Selbstachtung. Wird Personen die eigene Sterblichkeit vor Augen geführt, haben sie noch mehr das Bedürfnis diese Weltansicht zu verteidigen und seinen Selbstwert aufrechtzuerhalten.


Quelle:
Lam, S. R., Morrison, K.R., & Smeesters, D. (2009). Gender, intimacy, and risky sex: a terror management account. Personality and Social Psychology Bulletin, 35, 1046-1056.