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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Im wahrsten Sinne des Wortes…

von Dipl.-Psych. Maida Mustafic

Was ist dran am eiskalten Blick? Fühlt sich tatsächlich kalt an, wenn man aus einer Gruppe ausgeschlossen wird? Lässt einen Einsamkeit frieren? Nicht nur die Alltagssprache sondern auch viele Songtexte thematisieren dies. So der Song von Nicky Chinn und Mike Chapmann von 1970: «Es wird einsam sein diese Weihnacht, einsam und kalt, es wird so kalt, ohne dich...» Sozialer Ausschluss fühlt sich also kalt an? Wie sehr wird diese Annahme aus einer wissenschaftlichen Perspektive gestützt?

In einer Studie von Williams und Bargh (2008) schätzten die Personen, die eine warme Tasse Kaffee in der Hand halten, andere als freundlicher ein. Warm ist aber nicht nur freundlich – wie Summers und Moos bereits im Jahre 1976 zeigen konnten, nehmen bei warmen Wetter auch aggressive Handlungen, wie Körperverletzung, zu.

Beide Ergebnisse stehen im Zusammenhang mit dem Konzept der «embodied cognition». Aus dieser wissenschaftlichen Perspektive nimmt man an, dass gedankliche Konzepte auch körperlich repräsentiert sind, das heisst, neben der gedanklichen auch eine körperliche Wahrnehmungskomponente besitzen.

Die Studie von Zhong und Leornadelli

Zhong und Leornadelli fragten in zwei Studien die Teilnehmer nach der wahrgenommenen Raumtemperatur und der Vorliebe für kalte oder warme Lebensmittel. Zuvor sollten sich die Teilnehmer entweder an eine Situation aus der Vergangenheit erinnern oder an einer virtuellen Kommunikation teilnehmen, bei der sie ausgeschlossen wurden.

Die Ergebnisse der ersten Studie zeigten, dass die Teilnehmer, die sich an eine Situation erinnerten, in der sie von anderen Menschen abgelehnt oder aus einer Gruppe ausgeschlossen wurden, die Raumtemperatur als kälter einschätzten verglichen mit denjenigen, die an eine Situation dachten, in der sie sich anderen zugehörig fühlten. Zusätzlich bevorzugten in der zweiten Studie die Teilnehmer, die sozial ausgeschlossen wurden, heisse Lebensmittel im Vergleich zu kalten.

Die Forscher meinen, dass solche Metaphern, wie «eiskalter Blick», nicht nur sprachliche Elemente der Verständigung sind, sondern abstrakte Phänomene darstellen, wie Menschen ihre Umgebung verstehen. Unterschiedliche Erfahrungen scheinen aneinander gebunden, daher löst die eine Erfahrung die andere aus. Phänomene wie die Winterdepression, die oft mit Mangel an Helligkeit im Winter in Verbindung gebracht werden, könnten auch durch den Mangel an Wärme erklärt werden. Kälte fördert das Gefühl, sozial ausgeschlossen zu sein, und legt damit den Verlust eines wichtigen positiven Aspektes im Leben nahe. Inwiefern könnten warme Objekte gegen negative Gefühle wie sozialen Ausschluss («ein wenig Hühnersuppe für die Seele», wie es in Selbsthilferatgebern propagiert wird) eingesetzt werden? Das, so finden die Forscher, wäre ein interessante Frage für kommende Untersuchungen.

Quelle: Zhong, C.-B. & Leornadelli, G. J. (2008). Cold and lonely: Does social exclusion litterally feel cold? Pschological Science, 19, 838–842.

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