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Zusätzlich trugen alle Frauen und Männer eine Woche lang einen so genannten Actigraphen: Dieses Gerät wird wie eine Armbanduhr getragen und zeichnet verschiedene objektive Messgrössen auf, anhand derer man unter anderem ausrechnen kann, wann jemand einschläft und wie lange und ruhig der Schlaf ist. Wie erwartet gaben Frauen in Interview und Tagebuch längere Einschlafzeiten an und eine kürzere Gesamtschlafzeit als Männer. Sie empfanden ihren Schlaf auch als weniger erholsam. Die Auswertung des objektiven Actigraphen zeigte jedoch ein anderes Resultat: Frauen schliefen immerhin eine Viertelstunde länger als Männer und auch viel ruhiger. Doch wie kommt es, dass Frauen besser schlafen als Männer, ihre Nachtruhe aber trotzdem als schlechter bewerten?
Jammern Frauen vielleicht einfach gern, wie man es ihnen so oft nachsagt? Die Ergebnisse der Studie sprechen ganz klar dagegen: «Diese Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Schlafqualität entsteht nicht, weil Frauen sich eher beklagen, sondern weil Männer ihre Schlafdauer sehr stark überschätzen», erklärt Tiemeier. Frauen machten also die genaueren Angaben als Männer.
Wie kommt es dann dazu, dass Frauen über schlechteren Schlaf klagen als Männer? Die Wissenschaftler können nur spekulieren: Männer seien zum Beispiel weniger aufmerksam bezüglich ihres eigenen Körpers als Frauen, und dies könne dazu führen, dass sie Wachphasen mit Schlaf verwechselten. Vielleicht benötigten Frauen auch mehr Schlaf als Männer und seien deshalb mit der gleichen Schlafdauer unzufriedener.
Geschlechtsunterschiede im Schlaf werden auch durch Sexualhormone hervorgerufen. Beispielsweise beruhigt das weibliche Sexualhormon Progesteron und führt zu einem weniger unterbrochenen Schlaf. Da dieses Hormon nach der Menopause in geringerem Ausmass im Körper vorhanden ist, leiden ältere Frauen wahrscheinlicher unter Schlafstörungen. Andererseits verschlechtert sich der Schlaf auch, wenn das Hormon Testosteron bei Männern mit dem Alter sinkt. «Obwohl Geschlechtshormone eindeutig den Schlaf von Männern und Frauen beeinflussen, sind die genauen Mechanismen bisher kaum verstanden», schreiben die Forscher.
Es scheint also weitere Forschung vonnöten um zu erklären, warum Frauen besser schlafen als Männer – oder Männer schlechter als sie denken. Jedoch scheint eines klar: Es liegt nicht daran, dass weibliche Schläfer sich gern beklagen.
Quelle: van den Berg, J.F., Miedema, H.M.E., Tulen, J.H.M., Hofman, A., Neven, A.K., Tiemeier, H. (2009). Sex Differences in Subjective and Actigraphic Sleep Measures: A Population-Based Study of Elderly Persons. Sleep, 32, 1367–1375.