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Hurrikane, die mit weiblichen Vornamen getauft wurden scheinen gefährlicher zu sein als Hurrikane, die einen männlichen Namen tragen. Forscher der University of Illinois at Urbana-Champaign und der Arizona State University haben die Statistiken zu Todesfällen durch Hurrikane von 1950 bis 2012 ausgewertet. Der extrem zerstörerische Hurrikan Katrina, der 2005 über 1800 Todesopfer forderte, wurde dabei nicht einbezogen. Die Ergebnisse zeigten, dass bei Hurrikanen, die relativ gefährlich sind und hohen materiellen Schaden verursachen, Hurrikane mit einem weiblichen Namen deutlich mehr Todesopfer fordern als Hurrikane mit einem männlichen Namen. Während ein starker Hurrikan mit einem männlichen Namen im Schnitt 15 Menschenleben fordert sind es bei einem weiblichen Namen 42 Todesopfer.
Die Namen von Hurrikanen werden zufällig zugeteilt, wobei das Geschlecht jeweils alterniert. Es kann also nicht sein, dass die Meteorologen dazu neigen, gefährlichere Hurrikane mit weiblichen Namen zu taufen. Weibliche Hurrikane sind nicht an und für sich zerstörerischer als männliche Hurrikane. Dennoch fordern sie in der Regel mehr Menschenleben. Warum? Die Antwort ist in den Köpfen der betroffenen Menschen zu finden: Trägt ein Hurrikan einen weiblichen Namen, wird er als weniger gefährlich wahrgenommen als ein männlicher Hurrikan. Entsprechend wiegen sich bedrohte Menschen in Sicherheit und schützen sich weniger.
Kiju Jung und seine Kollegen, die bereits die Archivdaten ausgewertet hatten, haben in einer Reihe von sechs Experimenten den Testpersonen eine Beschreibung eines Hurrikans vorgelegt und jeweils nur den Namen variiert. Bei der Hälfte der Beschreibungen hatte der Hurrikan einen männlichen Namen (z.B. Arthur oder Christopher) und bei der anderen Hälfte einen weiblichen Namen (z.B. Hanna oder Laura). Anschliessend sollten die Testpersonen einschätzen, wie gefährlich der Hurrikan ist und ob sie Schutzmassnahmen ergreifen und sich in Sicherheit bringen würden. Die Ergebnisse waren eindeutig: Weibliche Hurrikane wurden als weniger gefährlich eingestuft und die Testpersonen äusserten eine geringere Bereitschaft zur Evakuation.
Die Effekte sind auf sogenannte Geschlechterstereotype zurückzuführen. Wir neigen dazu, Männern Merkmale wie "stark" und "aggressiv" eher zuzuschreiben als Frauen. Dieser Unterschied spielt an vielen Stellen im Alltag ein Rolle, zum Beispiel bei Personalentscheidungen, ohne dass sich die meisten Menschen dessen bewusst wären. Die Forschung zeigt nun, dass diese Geschlechterstereotype dazu führen, dass „weibliche“ Hurrikane unterschätz werden - mit fatalen Folgen.
Literaturangaben:
Jung, K., Shavitt, S., Viswanathan, M., & Hilbe, J. M. (in press). Female hurricanes are deadlier than male hurricanes. Proceedings of the National Academy of Sciences. doi:10.1073/pnas.1402786111
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