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Die geistige Leistungsfähigkeit verändert sich mit dem Alter. Psychologen wissen beispielsweise schon lange, dass sogenannte «kristalline» geistige Fähigkeiten (auch als «kognitive Pragmatik» bezeichnet) über die Lebensspanne stabil bleiben oder sogar zunehmen können, während «fluide» geistige Fähigkeiten (auch als «kognitive Mechanik» bezeichnet) im höheren Alter eher abnehmen (siehe z.B. Baltes et al., 1995).
Die «kognitive Pragmatik» beinhaltet kulturell übermitteltes Wissen und Erfahrungen, die Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung erworben haben (z.B. sozial vermittelte Strategien, Fähigkeiten wie Schreiben und Lesen, sowie Faktenwissen). Die «kognitive Mechanik» hingegen bezieht sich auf unsere biologische Hardware (unser Nervensystem). Deren Leistungsfähigkeit zeigt sich in der Geschwindigkeit, mit der grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung, des Erinnerns, und des schlussfolgernden Denkens ablaufen. Wenn wir zum Beispiel zwei Zahlen (z.B. 14 x 23) im Kopf multiplizieren, dann spielt unsere kognitive Mechanik eine wichtige Rolle dabei, wie schnell und akkurat wir eine solche Aufgabe bearbeiten können.
Wissenschaftler von der Columbia University in New York haben in einer Studie untersucht, wie sich die Qualität von finanziellen Entscheidungen mit dem Alter verändert und welche Rolle dabei die kognitive Mechanik und Pragmatik spielen könnte. Dazu wurden in einer Serie von Tests am Computer verschiedene kognitive Fähigkeiten, demographische Informationen, und Präferenzen von 478 US-Bürgern im Alter zwischen 18 und 86 Jahren gemessen. Ausserdem konnten die Wissenschaftler in dieser Studie auf sogenannte «Credit Scores» zurückgreifen, welche ein Mass für die Kreditwürdigkeit von Personen sind und in ähnlicher Form auch von Wirtschaftsauskunfteien verwendet werden. Hohe Kreditwürdigkeit ist für potenzielle Vermieter, Kreditgeber, und Arbeitgeber relevant und kann viele Vorteile mit sich bringen, beispielsweise bei der Wohnungssuche. Nach Ansicht der Studienautoren spiegelt hohe Kreditwürdigkeit auch die nachhaltige Fähigkeit wider, gute finanzielle Entscheidungen zu treffen.
Die Studienergebnisse zeigten, dass sowohl fluide als auch kristalline geistige Fähigkeiten positiv mit der Kreditwürdigkeit zusammenhängen: Tendenziell haben Personen mit höheren fluiden Fähigkeiten und kristallinem Wissen auch bessere «credit scores». Gleichzeitig zeigte sich, dass kristallines Wissen positiv mit dem Alter, fluide Fähigkeiten hingegen negativ mit dem Alter korrelieren. Jüngere und ältere Erwachsene trafen in der Studie im Endeffekt ähnlich gute finanzielle Entscheidungen—aber die Wege dorthin unterschieden sich. Ältere Erwachsene können sich insbesondere auf reichhaltige Erfahrung und Wissen stützen, um gute Entscheidungen zu treffen.
Baltes, P. B., Lindenberger, U., & Staudinger, U. M. (1995). Die zwei Gesichter der Intelligenz im Alter. Spektrum der Wissenschaft, 10, 52-61.
https://www.spektrum.de/magazin/die-zwei-gesichter-der-intelligenz-im-alter/822593
Li, Y., Gao, J., Enkavi, A. Z., Zaval, L., Weber, E. U., & Johnson, E. J. (2015). Sound credit scores and financial decisions despite cognitive aging. Proceedings of the National Academy of Sciences, 112, 65-69.
https://doi.org/10.1073/pnas.1413570112
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