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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Wütend aus gutem Grund!

von Felix Grundmann

Gefühle sind ein natürlicher Teil des menschlichen Daseins. Sie begleiten uns auf Schritt und Tritt. Auch wenn es manchmal nicht den Anschein hat, sind wir dennoch nicht Opfer unserer Gefühle. Wir können entscheidend Einfluss darauf nehmen, wie wir uns fühlen. Dieser Prozess wird in der Wissenschaft als Emotionsregulation bezeichnet.

Eine kritische Frage in dem Kontext der Emotionsregulation ist, wie wir uns fühlen wollen. Eine intuitive sowie gängige Antwort ist, dass wir uns gut fühlen wollen. Obwohl diese Antwort auf den ersten Blick plausibel erscheint, hat eine Forschungsgruppe bestehend aus Maya Tamir, Christopher Mitchell, und James J. Gross dies hinterfragt. Die ForscherInnen fragten sich, ob es nicht Momente gibt, in welchen wir uns schlecht fühlen wollen und falls ja, was die Gründe dafür sind. Sie stellten die folgende These auf: Es gibt in der Tat Situationen, in welchen wir uns schlecht fühlen wollen, und wir tun dies, weil es nützlich sein kann. Zum Beispiel könnte für einen Boxer, der gerade im Ring steht, ein Gefühl von Wut nützlicher sein, als sich fröhlich zu fühlen. Um diese These zu testen, führte das Forscherteam eine Studie durch und veröffentlichte ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift ‚Psychological Science‘ im Jahr 2008.

Die Studie bestand aus zwei Teilen: Im ersten Teil lasen TeilnehmerInnen Beschreibungen von verschiedenen Videospielen. Die Spiele unterschieden sich auf eine wichtige Weise, nämlich, ob Aggression oder Kooperation die Spielenden dem Sieg näherbrachte. Nachdem TeilnehmerInnen die Beschreibung gelesen hatten, wurden Ihnen Musikstücke vorgespielt, die entweder neutrale, aufgeregte, oder wütende Gefühle auslösten. TeilnehmerInnen gaben dann an, welches der Musikstücke sie gerne vor dem Spielen des beschriebenen Spiels hören wollen würden.

Im zweiten Teil der Studie spielten TeilnehmerInnen eines der vorher beschriebenen Videospiele – entweder ein aggressives oder ein kooperatives Spiel. Bevor TeilnehmerInnen mit dem Spiel begannen, hörten Sie ein zufällig ausgewähltes Musikstück, welches Sie neutral, aufgeregt, oder wütend fühlen ließ.

Die Ergebnisse bestätigten die Erwartungen des Forscherteams. Zum einen hatten TeilnehmerInnen eine generelle Präferenz für Musikstücke, welche sie wütend fühlen liess, wenn es darum ging, ein Spiel zu spielen, in welchem Aggression förderlich war. Dies war nicht der Fall für Spiele, in welchen Kooperation für den Sieg essenziell war. Dies suggeriert, dass Menschen sich in manchen Situationen tatsächlich nicht gut fühlen wollen. Zum anderen erzielten TeilnehmerInnen, die vor dem Spielen eines aggressiven Spiels wuterregende Musik hörten tendenziell einen besseren Punktestand als TeilnehmerInnen, die ein neutrales Musikstück hörten.

Dieser Unterschied spricht also für die Idee, dass auch negative Gefühle helfen können, gewisse Ziele zu erreichen. Oder mit anderen Worten: Der Boxer im Ring möchte sich wütend fühlen, weil er somit dem Sieg näherkommt.

Literatur

Tamir, M., Mitchell, C., & Gross, J. J. (2008). Hedonic and Instrumental Motives in Anger Regulation. Psychological Science, 19(4), 324–328. https://doi.org/10.1111/j.1467-9280.2008.02088.x

 

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