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Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Auf das „Wann“ kommt es an: Schlaf zum richtigen Zeitpunkt unterstützt das Lernen

von Lea Mörsdorf

 

Wer kennt das nicht? Wir hören oder lesen in unserem Umfeld etwas Interessantes – sei es eine Formel, ein Rezept, ein Name oder ein historisches Ereignis – und denken uns: „Das muss ich mir unbedingt merken!“ Doch nur wenige Tage oder Wochen später können wir uns an den konkreten Inhalt (oder sogar das grobe Thema) nicht mehr erinnern. Bei solch einzelnen Inhalten mag es weniger störend sein, wenn wir sie vergessen. Will man jedoch beispielsweise eine neue Sprache oder Sportart erlernen, nimmt das dauerhafte Behalten eine deutlich wichtigere Rolle ein. Das altbewährte Mittel hierfür lautet „üben, üben, üben“, denn Übung macht bekanntlich den Meister. Jedoch ist seit einigen Jahren bekannt, dass unser Schlaf ebenfalls einen Einfluss darauf hat, wie gut wir uns etwas behalten können. Doch unter welchen Umständen Schlaf uns dabei hilft, Inhalte stärker zu verfestigen und das Lernen somit effizienter zu gestalten, ist bislang wenig erforscht.

In einer aktuellen Studie stellten sich Mazza und Kollegen die Frage, ob Schlaf in Kombination mit Wiederholen dazu beitragen kann, dass wir Inhalte besser lernen. Um diese spannende Frage zu beantworten, liessen die Autoren 40 Versuchspersonen die Übersetzungen von 16 Swahili-Wörtern auswendig lernen. Dazu teilten sie die Teilnehmenden in zwei gleich grosse Gruppen ein: Die Schlaf-Gruppe durchlief ihre erste Lernphase um 9 Uhr abends, schlief dann und erhielt am Folgetag um 9 Uhr morgens eine Wiederholungsphase. Die Wach-Gruppe dagegen durchlief ihre erste Lernphase um 9 Uhr morgens und erhielt noch am selben Tag um 9 Uhr abends die Wiederholungsphase. Bei beiden Gruppen wurde die Anzahl erinnerter Übersetzungen eine Woche sowie sechs Monate später abgeprüft.

Es zeigte sich, dass beide Gruppen in der ersten Lernphase ähnlich lange zum Erlernen der Übersetzungen brauchten, es also nicht bereits von vornherein Gruppenunterschiede in der Lernfähigkeit gab. Während der Wiederholungsphase jedoch benötigte die Wach-Gruppe deutlich mehr Zeit als die Schlaf-Gruppe, um alle Übersetzungen wieder korrekt zu erinnern. Dies entspricht bisherigen Befunden, die einen positiven Effekt von Schlaf (im Gegensatz zu keinem Schlaf) auf das Erinnerungsvermögen fanden. Eine neue Erkenntnis dieser Studie ist, dass auch nach einer Woche sowie nach sechs Monaten die Schlaf-Gruppe sich deutlich besser an das Gelernte erinnerte, obwohl selbstverständlich auch die Wach-Gruppe in der Zwischenzeit geschlafen hatte.

Insgesamt spricht diese Studie dafür, dass Schlaf das Erlernen sowie langfristige Behalten von Inhalten begünstigen kann. Die „magische Formel“ des effizienten Lernens lautet hierbei „Lernen-Schlafen-Lernen“. Wenn wir also am Abend lernen, dann eine Nacht schlafen und am Morgen wieder lernen, klappt das Erinnern deutlich besser als wenn wir am Morgen und anschliessend am Abend wieder lernen.

 

Literaturangaben:

Mazza, S., Gerbier, E., Gustin, M. P., Kasikci, Z., Koenig, O., Toppino, T. C., & Magnin, M. (2016). Relearn faster and retain longer: Along with practice, sleep makes perfect. Psychological Science, 27, 1321-1330.

 

Bitte beachten Sie, dass diese Studie nicht in unserem Labor durchgeführt wurde. Wenn Sie an einer Studie in unserem Labor teilnehmen möchten, finden Sie dazu hier weitere Informationen.
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