Navigation auf uzh.ch

Suche

Psychologisches Institut Entwicklungspsychologie: Erwachsenenalter

Kann die persönliche Bewertung von Stress das individuelle Sterberisiko erhöhen?

von Julia Wolf

 

Jeder kennt Stress aus dem Alltag -  viele Amerikaner bewerten schon ihr durchschnittliches Stresslevel als „extrem“ hoch. Doch wie man diesen Stress wiederum erlebt und anschliessend beurteilt ist individuell unterschiedlich. Bekanntermassen hat Stress viele negative Einflüsse auf die psychische und physische Gesundheit und kann sogar das Sterberisiko erhöhen. Die Frage ist nun, ob es möglich ist, diese negativen Konsequenzen durch die persönliche Stressbewertung zu mindern.

Ein Team von Forschern an der Universität von Wisconsin ist dieser Frage nachgegangen. Ihr Ziel war es herauszufinden, wie Stressmenge und Stressbeurteilung mit Gesundheit und Sterberate zusammenhängen. Dazu wurden die Daten von über 28'000 US-Bürgern untersucht. Sie beantworteten Fragen wie z.B. „Wie sehr hat Stress ihre Gesundheit während den letzten 12 Monaten beeinflusst? – sehr, etwas, fast gar nicht, gar nicht?“ Die Sterberate wurde gemessen als Versterben eines Teilnehmers zwischen 1998 und 2006, unabhängig von der Todesursache. Die Daten dazu wurden von dem National Demographic Institute (NDI) zur Verfügung gestellt.

In der oben beschriebenen Stichprobe gaben tatsächlich ca. 35% an moderat Stress zu haben und ca. 20% gaben an viel Stress zu erleben. Davon sind 34% der Meinung, dass Stress ihre Gesundheit sehr, oder etwas beeinflusst. Die Personen die empfanden, dass Stress ihre Gesundheit beeinflusst, berichteten auch deutlich mehr von zusätzlichem psychischen Stress als die Personen, die nicht empfanden, dass Stress ihre Gesundheit beeinflusst.

Bezogen auf die Mortalität hat man herausgefunden, dass weder die Stressmenge allein, noch die Bewertung von Stress allein einen Einfluss haben. Wenn man allerdings viel Stress im Alltag erlebt und gleichzeitig davon überzeugt ist, dass dieser erlebte Stress einen starken Einfluss auf die eigene Gesundheit hat, so steigt die Mortalitätsrate um 43%!

Stress scheint also dann gefährlich zu sein, wenn man auch der Überzeugung ist, dass er schädlich für einen selbst ist. Aus dieser Studie kann man folglich schliessen, dass Stress und dessen Wahrnehmung mit der Sterberate zusammenhängen.

Faktoren wie erworbene Widerstandsfähigkeit durch vorherige Stresserfahrungen oder persönliche Kontrollüberzeugungen können aber auch eine wichtige Rolle dabei spielen, wie man Stress erlebt. Wenn man z.B. eine starke externe Kontrollüberzeugung hat, ist man der Meinung, dass man die eigene Gesundheit nicht selbst unter Kontrolle hat. Diese Menschen könnten in diesem Sinne verstärkt der Meinung sein, dass Stress ihre Gesundheit beeinflusst.

Zukünftige Forschung wird zeigen, ob und wie sich die Wirkrichtung von Stress oder die Bewertung von Stress auf die Gesundheit und die Sterberate bestätigen lässt.

 

Literaturangaben:
Keller, A., Litzelman, K., Wisk, L. E., Maddox, T., Cheng, E. R., Creswell, P. D., & Witt, W. P. (2012). Does the perception that stress affects health matter? The association with health and mortality. Health Psychology, 31(5), 677.

 

Bitte beachten Sie, dass diese Studie nicht in unserem Labor durchgeführt wurde. Wenn Sie an einer Studie in unserem Labor teilnehmen möchten, finden Sie dazu hier weitere Informationen.
Verwendung und Vervielfältigung in jeder Form, auch auszugsweise, nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Autors.